Lise Meitner wurde am 7. November 1878 in Wien, Österreich-Ungarn, als Tochter einer jüdischen Familie geboren. Ihr Vater, Philipp Meitner studierte Jura und praktizierte als Anwalt. Er motivierte alle seine Kinder und versuchte, sie zu ermutigten, in seine Fußstapfen zu treten.
Lise war die dritte Frau, die 1905 an der Universität Wien den Doktortitel in Physik erwarb. Die Vorlesungen des berühmten Physikers Ludwig Boltzmann faszinierten sie und sie nannte sie Jahre später „das Schönste und Anregendste, was sie je gehört hatte“.
Nach ihrer Promotion im Jahr 1907 zog Meitner nach Berlin, wo sie Vorlesungen von Max Planck besuchte. Planck erkannte das Talent seiner Studentin schon während der Vorlesungen.
In Berlin begann sie auch mit dem Chemiker Otto Hahn am Kaiser-Wilhelm-Institut zu arbeiten. Drei Jahrzehnte lang arbeitete Meitner mit Hahn an der Erforschung der Radioaktivität zusammen, und gemeinsam mit ihm gelang ihr die Entdeckung der Kernspaltung.
Die beiden ergänzten sich: mit Hahns chemischen und Lises physikalischen Kenntnissen konnten sie gemeinsam Experimente erarbeiten und durchführen, Messungen und Ergebnisse interpretieren. Darüber hinaus entdeckten die beiden im Laufe ihrer Forschungen das Isotop Protactinium-231 und untersuchten die Kernisomerie und den Betazerfall.
1919 war Lise die erste Frau, die eine Universitätsprofessur erhielt. Bei einer Gelegenheit verlieh die Deutsche Chemische Gesellschaft Hahn die Emil-Fischer-Medaille, und das Tribunal bot Meitner diskriminierenderweise eine Kopie der Medaille an, aber keine ausdrückliche Anerkennung ihres Beitrags: „Lise sagte dazu nichts, sie ging einfach nicht zur Zeremonie, und umging so, die Überreichung ihres Exemplars“, berichtet einer ihrer Biographen.
Die Entdeckung des Neutrons durch Chadwick Anfang der 1930er Jahre ermöglichte es, die im Atomkern befindlichen Teilchen zu orten. Dank der Entwicklung neuer Techniken entdeckte Meitner das Positron (das Antiteilchen des Elektrons, das die gleiche Masse, aber die entgegengesetzte Ladung trägt) und förderte das Verständnis des Beta- und Gammaspektrums sowie der weitreichenden Alphateilchen.
Heute ist man sich einig, dass Meitner den Nobelpreis 1944 verdient gehabt hätte. Aufgrund von Diskriminierung wurde dieser nur an Otto Hahn verliehen. Mehrere Wissenschaftler und Journalisten haben ihren Ausschluss als „ungerecht“ bezeichnet.
Aber Lise erhielt im Laufe ihrer Karriere noch viele andere Auszeichnungen: den Wissenschaftspreis der Stadt Wien 1947, die Max-Planck-Medaille 1949, den Otto-Hahn-Preis 1955, die Wilhelm-Exner-Medaille 1960, die Dorothea-Schlözer-Medaille in Göttingen 1962, und viele mehr.
Nach Kriegsende wurde Meitners Arbeit in den Vereinigten Staaten anerkannt und sie wurde „die Mutter der Atombombe“ genannt, ein Spitzname, der ihr nie gefiel.
An ihrer Überzeugung festhaltend
Nichtsdestotrotz nimmt Lise Meitner in der Geschichte der Physik einen außerordentlich wichtigen Platz ein. Ihre Beiträge waren ebenso wertvoll wie die anderer berühmter Physiker. Tatsächlich wurde Meitner 1942 eingeladen, am Manhattan-Projekt mitzuarbeiten, lehnte das Angebot aber ab, weil sie gegen die Entwicklung von Atomwaffen war. Sie erklärte: „Ich will nichts mit einer Bombe zu tun haben!“
Das chemische Element 109 wurde ihr zu Ehren Meitnerium (Mt) benannt; so wie das Curium (Cm) nach Marie Curie.
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Wie Curie machte auch Meitner wichtige Entdeckungen auf dem Gebiet der Radioaktivität. Während Curie Radium und Polonium entdeckte, war Meitner maßgeblich an der Entdeckung der Kernspaltung beteiligt.
Es ist erwähnenswert, dass ihre Beiträge in mehrfacher Hinsicht mit denen anderer berühmter Physiker vergleichbar sind: Niels Bohr zum Beispiel, der das Atommodell und die Grundlagen der Quantentheorie entwickelte, inspirierte Meitner in gewisser Weise, die diese Prinzipien zur Erklärung der Kernspaltung anwandte. Während eines Aufenthalts in Schweden entwickelte sie dann auch eine enge Arbeitsbeziehung zu Bohr.
Es ist bekannt, dass sie als Assistentin von Max Planck arbeitete und sich mit Teilchenphysik und Kernspaltung beschäftigte. Enrico Fermi konnte Meitners Entdeckung durch seine Arbeit an Kernreaktoren ergänzen, und es heißt, dass Einstein Meitner 1912, als er sie traf, liebevoll „unsere Marie Curie“ nannte. Außerdem wurde seine Gleichung 𝐸=𝑚𝑐2 durch Meitners Entdeckung experimentell bestätigt (da Einsteins berühmte Gleichung zeigt, dass eine kleine Menge an Masse in eine große Menge an Energie umgewandelt werden kann).
Die Nachricht von der Spaltung des Atoms und der Freisetzung enormer Energiemengen erreichte die Vereinigten Staaten und begünstigte schließlich die Entwicklung der ersten Atombombe.
Es ist wichtig zu erwähnen, dass die Kernspaltung die Dynamik der Weltpolitik und der internationalen Sicherheit verändert hat. Die Kernenergie ist auch heute noch wegen ihrer Vorteile, aber auch Risiken, einschließlich der Entsorgung radioaktiver Abfälle und der Sicherheit von Kernkraftwerken usw., Gegenstand von Diskussionen. Die Kernspaltung hat nicht nur die moderne Physik verändert, sondern auch Technologie, Medizin und Weltpolitik nachhaltig beeinflusst.
Lise Meitner setzte ihre Arbeit in Schweden fort, nachdem sie 1938 aus Nazi-Deutschland geflohen war. Dort lebte sie viele Jahre und nahm schließlich die schwedische Staatsbürgerschaft an. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dann auch Otto Hahn ein leidenschaftlicher Kämpfer gegen den Einsatz von Atombomben.
Im Jahr 1946 reiste Meitner aus familiären Gründen in die Vereinigten Staaten und wurde dort mit allen Ehren empfangen. Sie wurde zur Frau des Jahres ernannt. Die Auszeichnung wurde ihr von Präsident Truman überreicht, und das Aufsehen, das sie erregte, war so groß, dass selbst Hollywood ihr ein Angebot für einen Film unterbreitete. Das nahm Lise natürlich nicht an, weil „nichts in dem Film Sinn machte“.
Nach Angaben des Nobelpreisarchivs wurde Lise zwischen 1924 und 1948 19-mal für den Nobelpreis für Chemie und zwischen 1937 und 1967 30 Mal für den Nobelpreis für Physik nominiert.
Obwohl sie keinen Nobelpreis erhielt, wurde Meitner 1962 zur Nobelpreisträgertagung in Lindau eingeladen. 1960 ging Lise Meitner in den Ruhestand und zog nach Großbritannien, wo die meisten ihrer Verwandten wohnten.
Lise Meitner starb am 27. Oktober 1968 in Cambridge. Ihr Neffe Otto Frisch verfasste die Inschrift auf ihrem Grabstein: „Lise Meitner: eine Physikerin, die ihre Menschlichkeit nie verloren hat.“
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